1977 – Die wirtschaftliche Bedeutung der Kombinationszucht

Rede Bruder Adams in Köln am 18. Dezember 1977

Über die „Bienenzüchtung und die Aufzucht der Königinnen“ hielt ich bereits 1953 in Hannover einen Vortrag. „Die wirtschaftliche Bedeutung der Kreuzungszucht“ behandelte ich 1970 in Soltau. „Zweck und Ergebnisse meiner Erkundigungsreisen“ hieß das Thema 1973 in Reutlingen – Metzingen. Im selben Jahr sprach ich in Stuttgart über „Bienenkrankheiten aus züchterischer Sicht“. Und 1975 auf der Imkertagung in Ulm – Dornstadt hieß mein Thema: „Ergebnisse einer 60jährigen Zuchtarbeit“. In allen diesen Vorträgen wurde wohl die Kombinationszucht erwähnt aber nicht ausführlich besprochen.

Es wurden ebenfalls keine genaueren Einzelheiten über den Werdegang der Buckfast  – Biene, die ja mittels der Kombinationszucht entstanden ist, sowie Zweck und Ziel dieser Zuchtweise mitgeteilt. Ich glaube, es ist nun der Zeitpunkt gekommen, in dem ich mich mit dem  – missing link  – dem fehlendem Glied in der Kette meiner Ausführungen näher beschäftigen muss. Der Kombinationszucht ist die exklusive Möglichkeit beschieden, alle Schranken zu sprengen, die der Zucht innerhalb einer Rasse gesetzt sind. Sie bringt uns neue bahnbrechende Fortschritte in der Zucht der Honigbiene, der den wirtschaftlichen Wert der Bienenhaltung heben wird.

Die Kombinationszucht bzw. die Entwicklung von neuen Rassen und Stämmen ist im Falle der Honigbiene noch vielfach ein unerforschtes Gebiet. Ich muss mich deshalb auf meine eigenen Erfahrungen und Ergebnisse beschränken. Diese erstrecken sich allerdings auf alle Bienenrassen, die nördlich der Sahara vorkommen und sind bis zu 60 Jahre alt. Sie bieten folglich die Gewähr, dass es sich hier um keine kurzfristigen zweifelhaften Resultate handelt, die sich nur auf wenige kleine Versuche beschränken. Das Gegenteil ist der Fall. Die Erstellung von Neukombinationen ist offensichtlich ein Unternehmen, das Jahre und Jahrzehnte dauert, wenn solide Resultate erzielt werden sollen. Diese Arbeit verlangt zudem eine Serie unerlässlicher Vorbedingungen, die unbedingt erfüllt sein müssen.

Wie schon angedeutet, will ich in diesem Vortrag die Möglichkeiten aufzeigen, die uns eine richtig geführte Kombinationszucht, im Vergleich zur Reinzucht und der Kreuzungszucht, aufgrund unserer Erfahrungen, eröffnen kann. Eine Erläuterung der in  Frage kommenden Fachausdrücke halte ich für angebracht, bevor ich zum eigentlichen Thema komme. Präzise Begriffsbedingungen sind unbedingt notwendig, damit keine Missverständnisse entstehen können. Die willkürliche Anwendung der notwendigen Fachbezeichnungen führt unvermeidlich zu endlosen Verwirrungen. Ich hoffe zuversichtlich, dass die Beschränkung der Begriffe, wie ich sie hier vorschlage, die nötige Klarheit schaffen wird.

Mit der Bezeichnung REINZUCHTist eine enge VERWANDTSCHAFTSPAARUNGgemeint. Unter LINIENPAARUNG bzw. LINIENKREUZUNG versteht man die Zusammenführung verschiedener Linien einer Rasse.

Mit KREUZUNGSZUCHT ist die Paarung zwischen zwei oder mehreren Rassen gemeint. Die KOMBINATIONSZUCHT festigt und verbessert die Erbmasse der erzielten Kreuzungsprodukte, damit eine neue erbbeständige Rasse wie z.B. die Buckfast – Biene entsteht. Bastarde sind Kreuzungsnachkommen von unbekannter Herkunft. HYBRIDEN dagegen wären Nachkommen aus Paarungen zwischen Bienenarten wie z.B. der Apis indica und der Apis mellifera. Die gibt es in Wirklichkeit gar nicht. Dazu noch einige wichtige Erklärungen: Mit der engen Verwandtschaftspaarung, also der Bezeichnung Reinzucht, wollte man bei den Bienenrassen eine größtmögliche Einheitlichkeit erzielen; dabei bezog sich die Einheitlichkeit speziell auf äußere Merkmale. (Ich erinnere an den Index der Carnica). Heute ist man von dieser Zuchtmethode weitgehend abgekommen, denn man erkannte „die Schrift an der Wand“, man sah, dass dieser Weg zu nichts führte.

Heute kreuzt man Linien innerhalb einer Rasse. Damit kommt man wesentlich weiter. Der primäre Zweck dieser Zuchtweise ist die Erzielung einer Heterosis und die damit verbundene Erhaltung der Lebenskraft, die mit einer intensiven Reinzucht, wenn nicht mit größter Sorgfalt geführt, verloren geht. Linienkreuzungen wäre der richtige Ausdruck für dieses Vorgehen. Doch weil bestimmte Züchter das Wort Kreuzung nicht gerne hören, spricht man von Linienkombinationen innerhalb einer Rasse. Die Bezeichnung Kombination ist hier aber irreführend.

Die Bezeichnung Kombination sollte auf das Ergebnis von Kreuzungen zwischen zwei oder mehreren Rassen, deren wesentlichen Eigenschaften mittels einer Synthesis in einer erbbeständigen Verbindung verankert wurden, beschränkt werden. Das Wahrzeichen einer echten Kombination beschränkt sich auf eine positive Erbbeständigkeit der in Frage stehenden Eigenschaftsverbindungen. Dies muss nicht in allen Eigenschaften sein, denn es gibt ja keine Biene oder Bienenrasse auf der Welt, die einer solchen Forderung nachkommt. Eine echte gute Kombination kann man, wenn man will, auch als Kunstrasse bezeichnen, wenn man darunter die Kunst des Imkers versteht, eine gelungene Kombination zu erstellen und nicht eine Kunstbiene oder künstliche Rasse. Diese Arbeit verlangt in der Tat ein besonderes Maß an Erfahrung, Scharfsinn und Geschicklichkeit. Ich betone nochmals, der Ausdruck „Kunstrasse“ bedeutet hier nicht etwas Unechtes, sondern umfasst eine Eigenschaftszusammenstellung wie sie sonst in der Natur in dieser Form nicht vorzufinden ist. Kombinationszucht ist in jedem Falle die richtige Bezeichnung für diesen Werdegang. Wie gesagt, gibt es keine Hybriden bei der Honigbiene, nur Kreuzungen und Bastarde. Die Multible – Hybrids von der Firma Dadant sind in Wirklichkeit Linienpaarungen oder Linienkreuzungen. Kreuzung ist eine gute deutsche Bezeichnung und entspricht vollauf allen Anforderungen. Wenn die Generationsfolge noch angegeben wird, mit der Formel F1, F2 usw. dann wissen wir genau, was gemeint ist. Die Biene von unbekannter Herkunft  – also ein Mischmasch von Zufallspaarungen  – wird leider Bastard genannt; ein Schimpfwort. In der englischen Sprache bezieht sich dieses Wort auf uneheliche männliche Kinder und wird nur als tiefverletzendes Schimpfwort benutzt. Diese Klarstellung der Begriffe samt Erläuterungen ist notwendig, damit wir eine Sprache reden, die einwandfrei verstanden wird. Es kommt so zu keinen falschen Auslegungen meiner weiteren Ausführungen. Leider werden diese Fachausdrücke in der Imkerwelt wild durcheinander geschmissen, auch von wissenschaftlicher Seite. Dies kann zu sehr irrtümlichen Ansichten führen.

Grundbedingungen einer zuverlässigen Zucht

In der Züchtung der Honigbiene können wir keine positiven Fortschritte erzielen, wenn nicht absolute zuverlässige und konkrete Vergleiche angestellt werden können. Dies gilt für die Reinzucht, die Kreuzungszucht und noch mehr für die Kombinationszucht. Für mich ist diese Tatsache eine Selbstverständlichkeit. Anderweitig aber werden diese Bedingungen nur sehr selten erfüllt. Der endgültige Erfolg einer jeden Zuchtweise beruht auf einer fehlerlosen Auslese. Ausgelesen kann nur werden, wenn richtige Vergleiche vorliegen. Die Nutztier- und Pflanzenzüchter haben es hier leichter, denn die jeweiligen Umweltbedingungen unter denen sie ihre Produkte vergleichen sind einheitlich und vielfach von ihnen kontrollierbar. Bei der Bienenhaltung ist dies nicht der Fall. Jede individuelle und Trachtlage übt einen direkten Einfluss aus, nicht nur auf die jeweiligen Ernteergebnisse, sondern ebenfalls auf das Verhalten von einem Bienenvolk derselben Zuchtrichtung und Rassenangehörigkeit. Wie man immer wieder feststellen kann, so gibt es oft bei ganz kurzen Entfernungen, von einem Stand zu einem anderen, entscheidende Unterschiede, die sich nicht nur in den individuellen Leistungsergebnissen widerspiegeln, sondern auch vorübergehend in Eigenschaften wie Fruchtbarkeit und Legetätigkeit der Königinnen und der Aggressivität der Bienen. Wenn wir folglich zu diesen wesentlichen Unsicherheitsfaktoren, abgesehen von der Unmenge Unberechenbarkeiten, mit denen die Bienenhaltung belastet ist, noch vermeidbare dazugesellen, dann ist eine zuverlässige Auslese wahrhaft ein Ding der Unmöglichkeit. Die Resultate, welche im deutschen Sprachraum auf dem Zuchtsektor bisher erreicht wurden, seit Dr. Kramer im Jahre 1898 seine Rassezucht verkündete, sind  – von streng wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus gesehen – weitgehend unbefriedigend.

Eine ganze Serie von Faktoren ist verantwortlich für die enttäuschenden züchterischen Ergebnisse. Ich werde nicht versuchen, diese einzeln aufzuzählen, denn es käme eine ganze Konglomeration von Faktoren zum Vorschein. Ich werde mich dagegen auf etliche der wesentlichsten beschränken. Nach meinem Erachten ist die Massierung der Völker, in Bienenhäusern oder Blockaufstellung, wie überall üblich in Mitteleuropa, ein entscheidendes Hindernis in der Auslese. Es wird wohl gern angenommen, dass sich die Carnica nicht verfliegt. Als Beweis, dass diese Annahme nicht stimmt, verweise ich auf die Zeitschrift „Die BIENE“, Februar 1975, Seite 45.

Ein weiterer wesentlicher Faktor ist die Verwendung von Bruträumen, die eine maximale Entwicklung individueller Völker verhindert und somit eine Gleichschaltung der Volksstärke ipso facto – erzwingen. Wo das Verfliegen sowie ein zu kleiner Brutraum die erbbedingte, reelle Volksstärke verwischt oder verhindert, da kann offensichtlich eine echte Bewertung der Leistung nicht stattfinden und folglich auch keine objektive Auslese. Man kann wohl Erfolge erzielen in der Zucht hinsichtlich gewisser augenscheinlicher Eigenschaften unter solchen Umständen, aber einen wirklichen Fortschritt, eine höhere Leistung wird uns immer entgehen. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als ob unsere Arbeit innerhalb der verflossenen 60 Jahre immer den Erfolg erzielte nach dem wir trachteten. In der Tat, ich musste mich zuerst von den Lehrmeinungen Dr. Kramer’s, sowie von vielen Voreingenommenheiten befreien  – dies meist auf dem Weg der harten Erfahrung. Die Wirklichkeit ist eine erbarmungslose Lehrmeisterin. Seit der Aufstellung in Vierergruppen, die bei uns seit mehr als einem halben Jahrhundert verwendet wird, ist das Verfliegen bei uns kein Problem mehr. Ebenfalls eine Gleichschaltung der Volksstärke, seit der Einführung eines unbeschränkten Brutraums. Überdies, dank dem großen Brutraum, offenbarten sich eine Anzahl Aufzuchteffekte, von denen wir zuvor keine Ahnung hatten.

Eine entsprechende Völkerzahl und Auslesemöglichkeiten sind selbstverständlich unerlässlich. Unsere Auslese erstreckt sich jedes Jahr auf etwa 700 Stand- und Kleinvölker insgesamt. Überdies auf eine Reihe von Außenständen, mit unterschiedlichen Umweltbedingungen und Trachtmöglichkeiten. Nicht weniger wichtig ist stets eine Serie von Kreuzungen verschiedener Rassen zu besitzen. Es stehen uns also eine Unmenge Anhaltspunkte und Vergleiche zu Gebote, die eine Fehlauslese und eine irreführende Meinung so gut wie ausschließen. Wir wissen immer mit Gewissheit, wo wir stehen in unseren Zuchtbemühungen.

Ich muss hier noch einen weiteren Faktor erwähnen, der ohne Zweifel eine wesentliche Rolle spielte in unseren Zuchtbestrebungen, nämlich die sehr ungünstigen klimatischen Verhältnisse von Südwest-England. Wie die Erfahrung immer wieder zeigt, so kann sich in unserem extrem bienenwidrigen Klima sowie den spärlichen Trachtmöglichkeiten nur eine vitale Biene bewähren. Überdies eine, die nicht nur in diesen Verhältnissen eine hohe Leistung aufweisen kann, sondern sich auch sehr widerstandsfähig zeigt gegenüber Krankheiten. Die weitverbreitete Ansicht, propagiert von Leuten die noch nie in Devon waren, dass unsere Umgebung einem Bienenparadies gleiche, ist eine total unberechtigte Annahme. Die sehr ungünstigen Verhältnisse haben aber den einen Vorteil, dass erbbedingte Fehler, Schwächen und Nachteile alsbald zum Vorschein kommen und somit einen entscheidenden Einfluss auf unsere Zuchtbemühungen ausüben.

Unsere Zuchtbemühungen

Wie bekannt, so erstrecken sich unsere Zuchtbestrebungen über mehr als 60 Jahre. Sie umfassen alle Aspekte der Rein-, Kreuzungs- und Kombinationszucht. Wir arbeiten seit 60 Jahren mit Linienpaarungen innerhalb unserer Zuchtrichtung, wie sie auch heute in Deutschland von offizieller Seite vorgeschlagen wird. Im Kampf ums Dasein wurde ich vom ersten Tag  an als Imker  – damals selbstverständlich unbewusst  – in die Sphäre der Kombinationszucht, auf Gedeih und Verderb hineingezogen. Die Milbenepedemie, die um diese Zeit ihren Höhepunkt erreichte, zeigte eindeutig, dass sich gewisse Rassen dieser Krankheit gegenüber teilweise als resistent erwiesen. Diese Tatsache wurde schon im Jahre 1919 von unserem Landwirtschaftsministerium erkannt und bildete die Grundlage zum Wiederaufbau der Bienenhaltung in England nach 1918.

Die altenglische Biene, die sich im Laufe der  Jahrtausende, seit Ende der letzten Eiszeit in unseren klimatischen Verhältnissen entwickelte, erwies sich als extrem milbenanfällig, besaß jedoch eine ganze Reihe von wirtschaftlichen Eigenschaften in höchster Ausprägung. Eine Zufallskreuzung zwischen dieser Rasse und der Ligustica von damals zeigte sich weitgehend als resistent gegenüber der Milbenseuche und zugleich überragend gut in der Leistung. Sie verkörpert fürwahr alle Eigenschaften, welche wir damals benötigten. Wie es der Zufall bestimmte, so formte diese Kreuzung die Basis aus der die Buckfast-Biene im Lauf der Jahre entwickelt wurde. Die Ansicht von Herrn Dr. K. Dreher (siehe ADIZ, Juli 1977), dass seither mehrmals zu Italiener zurückgekreuzt wurde, ist nicht wahr. Sie gehört ins Reich der Fabel, wie noch mehrere andere seiner Meinungen hinsichtlich der Buckfast-Biene. Die gelbe Panzerfarbe entstammt der Originalkreuzung.

Ich betrachte es als glücklichen Zufall, dass ich zu Beginn meiner imkerlichen Laufbahn, gleich eine Kopie von Prof. Dr. Armbrusters „Bienenzuchtkunde“ in die Hände bekam. Diese gab mir zu denken. Die Versuche von F.W.L. Sladen, der zwischen 1900 und 1913 aus einer Kreuzung der einheimischen dunklen Varietät und der goldgelben Biene aus Nordamerika eine neue Bienenrasse entwickeln wollte, waren mir bereits bekannt. Sladen war ohne Zweifel der erste Züchter, der einen Versuch dieser Art machte, und zwar auf der Basis der kurz zuvor entdeckten Erbgesetze von G. Mendel, deren erste Veröffentlichung schon 1865 statt fand. Zugleich faszinierten mich die Kreuzungen, die Samuel Simmins in der Zeitspanne vor 1920 anbot, denn sie erwiesen sich in vieler Hinsicht als absolut überragend. Er gab nie die Zusammenstellung seiner Kreuzungen bekannt, aber es handelte sich ohne Zweifel um die Cypria x Carnica und vermutlich um eine F2. Ich importierte allenfalls unsere ersten Königinnen aus Zypern kurz nach dem ersten Weltkrieg.

Die Not der Zeit, sowie die Ergebnisse von Sladen und Simminis erteilten den eigentlichen Anstoß zu meiner Zuchtarbeit. In streng praktischer Hinsicht begab ich mich auf ein unerforschtes Gebiet -was auch heute noch weitgehend zutrifft. Armbrusters theoretische Erwägungen eröffneten wohl eine Welt von Möglichkeiten, aber konkrete Ergebnisse  –  abgesehen von Sladens  – fehlten: fehlen, außer den meinen, heute noch, im Fall der Honigbiene. Ich muss mich folglich in meinen weiteren Ausführungen ausschließlich auf meine eigenen Erfahrungen und Ergebnisse, hinsichtlich der Kombinationszucht und Schaffung von neuen Rassen, stützen. Ebenfalls weitgehend in Beziehung gezielter Rassenkreuzungen, die ja zwangsläufig die Grundlage all unserer Zuchtarbeit bilden. Meine Befunde beruhen in jedem Fall auf einer Unzahl von Vergleichen sowie Anhaltspunkten, die alle  – soweit wie möglich unter Ausschluss jeder Fehlerquelle, erreicht wurden.

Die selektiven Begattungen erfolgten stets auf einer einwandfreien Belegstation, oder auf dem Weg der Handbesamung  – die bei uns schon seit 1948 zur Anwendung kommt. Hin und wieder werden kleine Serien, für Vergleichsversuche, standbegattet. Von diesen wird selbstverständlich nie nachgezogen. Kurzum, es wird keine Möglichkeit verpasst in der Erzielung von Vergleichen, die auf irgendeine Weise Aufschluss geben könnten über bestimmte Probleme, oder die zu neuen Erkenntnissen führen würden.

Der Weg zur Kombinationszucht

In der Pflanzenwelt stößt man hin und wieder auf wirtschaftlich wertvolle Neukombinationen, die mittels einer glücklichen Zufallskreuzung zustande kam. In der Tierzucht kommt ein Glücksfall dieser Art selten zum Vorschein. Auf meinen Forschungsreisen widmete ich, in den jeweiligen Mischgebieten zweier Rassen, mein besonderes Augenmerk auf eine solche Möglichkeit, allerdings ohne Erfolg.

Es gibt wohl Ökotypen, in isolierten Gebirgstälern und besonderen Umweltbedingungen im Falle einer jeden Rasse, aber erbbeständige Neukombinationen scheinbar nicht. Neukombinationen, wie die moderne Bienenhaltung sie benötigt, sind offensichtlich nur über eine zuverlässige Rein- und gezielte Kreuzungszucht zu erreichen. Die Vereinigung  – oder Synthesis  – bestimmter Eigenschaften, die sich in verschiedenen Rassen befinden, in einer Zusammenstellung wie sie in der Natur nicht vorkommt, ist nur zu erreichen über die Kreuzungszucht. Sie ist der Weg und die Brücke, die allein zu Möglichkeiten dieser Art zu führen vermag. Sie kann uns auch Fortschritte in der Zucht eröffnen, wie sie sonst auf keine andere Weise realisierbar wäre.

In der Tat, jeder wesentliche Fortschritt, in wirtschaftlicher und züchterischer Hinsicht, im Fall der Honigbiene, ist nur auf diesem Weg erreichbar. Eine erfolgsversprechende Kombinationszucht beruht in erster Linie auf einer verlässlichen Reinzucht der Elterntiere. Die Kreuzung und die Nachzuchten formen den Übergang zur Erstellung der Neukombinationen. Die Reinzucht muss wiederum zur Erhaltung der Neukombination dienen. Wäre eine Erhaltung der neuen Eigenschaftsverbindungen nicht möglich, also auf erbfester Basis, mittels der Reinzucht, dann hätte eine Kombinationszucht offensichtlich keinen Sinn. Wir müssten uns zudem für immer mit den Bienenrassen zufrieden geben, in der Form, wie die Natur sie über die Jahrtausende erzüchtete. Ohne die Kreuzungs- und Kombinationszucht würde eine Auslese und Verbesserung an Bienen auf züchterischem Weg sich unvermeidlich für immer innerhalb der jeweiligen Grenzen einer Rasse abspielen. Ein entscheidender Fortschritt wäre für immer ausgeschlossen.

Um die Vorteile und Möglichkeiten der Kombinationszucht in das richtige Licht zu stellen, muss ich hier notwendigerweise die Vor- und Nachteile der Rein- sowie der Kreuzungszucht kurz erörtern. Ich betrachte dies als unumgänglich, denn von der Reinzucht wird allgemein weit mehr erwartet als diese Zuchtweise je erreichen kann. Man hat dies teilweise eingesehen, aber wo Gefühlsmomente eine wesentliche Rolle spielen, verliert jeder Beweis und jedes zutreffende Argument seine Bedeutung. Auf der anderen Seite wird hinsichtlich der Kreuzungszucht an Meinungen festgehalten die sich im Licht der Erfahrung als total falsch erwiesen. Vorurteile spielen allzu oft eine ausschlaggebende Rolle.

Nach meinem Vortrag in Soltau über die wirtschaftliche Bedeutung der Kreuzungszucht, erschien ein Kommentar in der Schweizerischen Bienenzeitung, verfasst von einem bekannten Wissenschaftler, entsprechend diesem ich die Reinzucht in „Grund und Boden verdammte“ und ein „wildes Draufloskreuzen“ befürwortete. Hätte der wohlmeinende Professor meinen Vortrag sorgfältig studiert, dann wäre er unvermeidlich in beiden Fällen zum entgegengesetzten Schluss gekommen. Es werden oft von wissenschaftlicher Seite Meinungen geäußert, hinsichtlich gewisser Zuchtprobleme, die in keiner Weise zutreffen. Dem Fortschritt ist damit offensichtlich nicht gedient.

Vor- und Nachteile der Reinzucht

Die Reinzucht ist seit jeher die eigentliche Grundlage unserer Zuchtarbeit. Nur mit Hilfe der Reinzucht kann man das Erreichte stabilisieren, erbfest gestalten und dadurch erhalten. Ohne die Möglichkeit der Reinzucht wäre eine Kombinationszucht sinnlos. Das betone ich bei jeder passenden Gelegenheit. Nur wenn mit Hilfe der Reinzucht die besten Elterntiere der in Frage kommenden Rasse herausgezüchtet sind, können erfolgreiche Kreuzungen erstellt werden. Sie wären sonst gar nicht möglich.

Wir müssen weiter die Möglichkeit haben, durch Reinzucht die durch Kreuzungen erzielten Neukombinationen weiter zu bearbeiten um Schritt um Schritt zu noch wertvolleren Kombinationen zu kommen. Die Reinzucht ist also der Anker, der das Erreichte festhält und allen Zuchtbestrebungen die unentbehrliche Stabilität und Permanenz verleiht. 

Die Reinzucht darf aber niemals das einzige Zuchtziel bleiben. Wir müssen sie als Selbstzweck betrachten. Bis vor wenigen Jahren war die Meinung weit verbreitet, dass man mittels der Reinzucht alle Eigenschaften der Honigbiene schrittweise intensivieren und somit die Leistungskapazität progressiv erhöhen kann. Auch, dass man die unerwünschten Eigenschaften gleichzeitig ausmerzen kann. Beide Annahmen haben eine gewisse Berechtigung. Man stellt aber sehr bald fest, dass die Möglichkeiten hier eng begrenzt sind, denn die Intensivierung dieser oder jener Eigenschaft ist nur über die Inzucht erzielbar.

Die Honigbiene ist aber sehr inzuchtanfällig. Das zeigt sich heute immer deutlicher, weil mehr gezielte Paarungen zustande kommen (künstl. Besamung, Inselbelegstellen etc.). Verlust der Lebenskraft ist die Folge einer zu engen Inzucht. Dieser Verlust erstreckt sich auf alle Tätigkeiten eines Bienenvolkes. Die markantesten Anzeichen von Inzuchtschäden sind hohe Nosemaanfälligkeit und eine  schleppende oder gar fehlende Frühjahrsentwicklung. Geringe Erträge und extrem hohe Völkerverluste sind das Endergebnis.

Reinzucht betreibt auch die Natur. Auf das wird mit Recht immer wieder hingewiesen. Aber sie vermeidet innerhalb einer Rasse jedmögliche Inzuchtgefahr (Begattung hoch in der Luft mit Drohnen aus einem großen Einzugsgebiet, keine Bruder  – Schwesterpaarung usw.). Wäre dies nicht der Fall, dann wäre die Honigbiene schon längst ausgestorben. Dank dieser fürsorglichen Maßnahmen der Natur wurden und werden viele Imker von den schlimmsten Folgen ihrer übertriebenen Reinzuchtbemühungen verschont. Zum guten Glück ist heute die extreme Reinzucht, wie noch vor 20 Jahren propagiert, so gut wie tot.

Die Linienpaarung trat an ihre Stelle. So sucht man heute nach geeigneten Linien innerhalb einer Rasse, die sich für diesen Zweck eignen. Die von der Natur errichteten Grenzen kann keiner auf die Dauer ungestraft missachten, auch wenn er mit noch so viel Begeisterung und Idealismus am Werke ist. An dieser Stelle taucht die Frage auf: „Was hat man eigentlich mit der übertriebenen Reinzucht erreicht?“ Nehmen wir die Carnica, die schon über hundert Jahre an unserem Stand vertreten ist und von der ich schon über 50 verschiedene Herkünfte geprüft habe. Sie ist nicht besser geworden. Wenn ich die heutige Carnica mit der Krainer  – Biene von einst vergleiche, also jener, die wir vor 60 Jahren importierten und die ich noch klar in Erinnerung habe, so vermisse ich zwei mir ganz wichtige Eigenschaften: a) die schneeweiße hohe Honigverdeckelung und b) das Fehlen von Kittharz, denn ein Volk, das seinen Wabenbau nicht verkleistert ist leichter und schneller zu bearbeiten. Beide Eigenschaften wurden in England sehr geschätzt.

Vor 27 Jahren entdeckte ich in Osttirol in einem abgeschlossenen Tal zum letzten Mal einen Stamm, der obige Eigenschaften noch besessen hatte. Bei der Ligustica, der italienischen Biene, hatten die Züchter kein bisschen mehr Glück. Wohl haben wir heute eine hellere Italiener – Biene als früher. Sie ist auch weit fruchtbarer, aber die Lebenskraft der alten braunen Ligustica fehlt. Auch von dieser Rasse habe ich unzählige Herkünfte geprüft. Was ich hier aussage, sind die Ergebnisse jahrelanger und unzähliger Vergleiche. Wenn für einige diese Ergebnisse recht nüchtern klingen, so bleiben sie doch Tatsachen, an denen wir nicht vorbeikommen; denn züchtet man nur innerhalb einer Rasse  – also Reinzucht  – so ist man an die vorhandenen Eigenschaften dieser Rasse gebunden.

Will der Züchter die erwünschten Eigenschaften  intensivieren, führt das automatisch zu einer weiteren Einengung der Erbmasse. Dieser Weg heißt aber Inzucht mit allen negativen Folgen. Mit dieser ernüchternden Tatsache müssen wir uns abfinden. Wenn wir aber weiterkommen wollen, müssen wir Wege einschlagen, die aus diesem Engpass herausführen und uns eine neue Welt von Potentialitäten eröffnen können. Diese Wege führen unweigerlich zur Kreuzungszucht.

  1. Die Kreuzungszucht ist die Zuchtweise, die allein zu wirtschaftlich wertvollen Neukombinationen führen kann.
  2. Die Kreuzungszucht kann daher ungeheure wirtschaftliche Vorteile bringen. 
  3. Es ist eine Tatsache, dass in der Natur Kreuzungen den normalen Zustand darstellen.

Es ist mir voll bewusst, dass nicht alle Imker, vor allem im deutschen Sprachgebiet, diese Tatsachen anerkennen. Diesen Imkern fehlen die Resultate echter Vergleichsversuche, wie wir sie schon über ein halbes Jahrhundert durchführen.

Viele Reinzüchter meinen, die Kreuzungszucht sei der Untergang ihrer bisherigen Hoffnungen und Erfolge. Über die erzielten Erfolge habe ich mich schon geäußert. Es bleiben die Hoffnungen, die genährt werden aus übertriebenem Idealismus, Voreingenommenheit und falscher Lehrmeinungen und sich nur deshalb halten können, weil eben die echten sachlichen unvoreingenommenen Vergleiche fehlen. Ganz anders reagieren die Erwerbsimker und schon sehr viele Liebhaberimker, die bereit sind, weiter in die Materie der Bienenzüchtung einzudringen. Der Erwerbsimker, weil er aus wirtschaftlichen Gründen muss; der Liebhaberimker, weil es fasziniert davon ist, immer bessere Erfolge zu erzielen. Der Erwerbsimker weiß, welche seiner Völker den meisten Honig bringen bzw. am wenigsten Arbeit machen und ist daher gerne bereit, diese konkreten und positiven Ergebnisse auch zu nutzen. Viele von ihnen sind in ständigem Kontakt zu anderen Berufskollegen und Neuem nicht abgeneigt, weil sie Erfolg haben müssen. Mir ging es doch genau so. Was nützten unserer Imkerei, die sich wirtschaftlich selbst tragen musste, allgemein akzeptierte Schulmeinungen sowie sogenannte wirtschaftliche Bedenken und Aussichten, wenn sich nicht greifbare Erfolge zeigten.

Schon zu Beginn meiner imkerlichen Laufbahn stand ich vor den Irrtümern einer bewährten Rasse, der altenglischen Biene, die von der Milbe vernichtet wurde. Die 16 Völker, eine Zufallskreuzung zwischen der altenglischen und der braunen Italiener-Biene, denen die Milbe nichts anhaben konnte, stehen heute noch wie Wegweiser vor meinen Augen. Zum Glück ging ich den gezeigten Weg und fällte meine Entscheidungen in Fragen der Zucht entsprechend der Resultate, die im Betrieb erzielt wurden. Ich achte und schätze gute Wissenschaft, verwerfe jedoch Ergebnisse, die sich in der praktischen Imkerei nicht bestätigen; denn die reellen Befunde am Bienenstand sind letztlich entscheidend. Das ist eine Tatsache, vor der wir uns alle beugen müssen. Versuche und Vergleiche müssen aber einwandfrei angelegt und durchgeführt werden, darauf habe ich schon hingewiesen. Sonst kommt es zu den klaffenden Unterschieden in den Ergebnissen und letztlich zu den grundverschiedenen Meinungen. Wenn man nicht objektiv bewertet, betrügt man sich selbst und verschließt sich jedem wirklichen Fortschritt.

Die Natur fördert Kreuzungen. So haben die Drohnen aus einem Gebiet von ca. 15 km Durchmesser die Chance, an jede brünstige Königin heranzukommen. Der glücklichere und bessere ist Sieger. Die Mehrfachpaarung ist eine weitere Möglichkeit, dass das Erbgut nicht zu einseitig bleibt. Rein natürlich kommt es so zu Kreuzungen innerhalb einer Rasse. Rassenkreuzungen können nur dann stattfinden, wenn verschiedene Rassen vertreten sind. Hier sind der Natur Grenzen gesetzt; hier greift der Mensch ein.

Standbegattungen sind normalerweise Fremdpaarungen. Sie stellen zum mindesten die Norm dar. Sind eine große Anzahl Völker gleicher Abstammung um den Stand, kann es auch zu Reinpaarungen kommen; doch zu absoluten Reinpaarungen wohl selten. So glauben z.B. viele Imker, sie hätten reine Carnica  – Völker. Dabei handelte es sich um Kreuzungen, wie ich immer wieder  feststellen kann; denn die westeuropäische Biene ist noch überall vertreten, wenn auch weitgehend verbastardiert. Es zeigt die Erfahrung, dass in allen Ländern, in denen diese Biene vorkommt, die dunklen Drohnen irgendwie im Vorteil sind. Wahrscheinlich aufgrund ihrer großen Flugkraft und ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit.

Die Vermischung mit der schwarzen Biene ist leicht zu erkennen an der Aggressivität der Nachkommenschaft, weniger in der F1, mehr in den weiteren Nachzuchten. Hinzu kommt die teilweise Steigerung, auch dieses Nachteiles, durch den Heterosiseffekt, allerdings nicht allein. Kreuzungen haben gerade deshalb einen schlechten Ruf. In Gebieten, in denen die Mellifica  – Biene vorherrscht, müssen daher die Imker immer nur von Reinzuchtmüttern nachziehen und dies Jahr um Jahr. Auf diesem Weg wird gleichzeitig eine progressive Verdrängung der bodenständigen Biene erzielt. Es fliegen am Stand eine große Zahl Drohnen bester Abstammung mit denen zuverlässige Kreuzungen erzielt werden, ausgestattet mit dem Heterosiseffekt, aber ohne die rabiate Stechlust.

Rassenkreuzungen

Manche Rassenkreuzungen, leider nicht alle, weisen weit höhere Leistungen auf und sind weit weniger krankheitsanfällig als Reinzuchten. Das zeigt unsere Erfahrung und ist auch wirklich eine allgemeine Erscheinung in der Nutztier- und Pflanzenzucht. Die Honigbiene macht diesbezüglich keine Ausnahme.

In der Auswirkung der Heterosis nimmt die Biene aber eine Sonderstellung ein. Wie schon angedeutet, so fördert die Heterosis nicht nur die erwünschten, sondern auch die unerwünschten Eigenschaften.

Diese sind vom Imker aus gesehen:

a) die höhere Schwarmneigung
b) die teilweise erhöhte Stechlust

c) reziproke Kreuzungen weisen nur ausnahmsweise identische Ergebnisse auf.

Im Reich der Bienen ist die Schwarmneigung ein elementarer Naturtrieb, der oft dominiert über alle anderen Eigenschaften, die mit der Leistung nach unserer Vorstellung zu tun haben. Das Ergebnis dabei ist, dass die erhöhte Vitalität von vielen Erstkreuzungen in einer unbändigen, unkontrollierbaren Schwärmerei vergeudet wird, zum Schaden und Verdruss des Imkers. In den weiteren Nachzuchten tritt aber diese Schwarmneigung zurück und Eigenschaften, die für höhere Leistungen notwendig sind, wie z.B. Brutfreudigkeit, Fleiß, Vitalität etc., können sich positiv entfalten. Wenn daher in den nachfolgenden Generationen die Zuchttiere zweckmäßig ausgewählt werden, erleben wir keinen Leistungszerfall, wie vielfach angenommen wird. Schwankungen in der Leistung wird es geben  – dies kommt aber auch in  jeder Reinzucht vor  – doch die erreichten Durchschnittsergebnisse der F2 oder F3 werden wesentlich höher sein, als jene der Ausgangsrassen, aus denen die Kreuzungen entstammen.

Der Durchschnittsertrag verbunden mit einem minimalen Geld- und Arbeitsaufwand über einen langen Zeitabschnitt ist es, der die Rentabilität einer Imkerei bestimmt und nicht die einzelnen wenigen Spitzenerträge. Spitzenleistungen sind deshalb aber nicht immer reiner Zufall. Sie sind vielmehr der Beweis, dass wir mit den Zuchtmöglichkeiten noch lange nicht am Ende sind. Jede erbbedingte Spitzenleistung eines Volkes ist für mich ein weiterer Ansporn in der Zuchtarbeit. Völker, die Spitzenleistungen schaffen, werden gerne als Blender bezeichnet. Zugegeben, die hohe Leistung kann Zufall, also einmalig sein. Vernachlässigt der Züchter aber diese Sonderleistungen, verzichtet er von vornherein auf den höchstmöglichen Erfolg seiner Arbeit.

Den Einfluss der Heterosis auf die Schwarmneigung, der in der allgemeinen Nutztierzüchtung nicht vorkommt, bei der Biene aber einen entscheidenden Faktor darstellt, hat man übersehen oder nicht beachtet, sonst hätten die grundfalschen Ansichten über Rassenkreuzungen nie aufkommen können. Hier haben wir zweifellos die richtige Erklärung, warum Rassenkreuzungen oft enttäuschen, denn wie meine Erfahrungen zeigen, bewähren sich nur wenige Erstkreuzungen vollauf.

Die Rassenkreuzungen haben durchweg einen schlechten Ruf wegen der überhöhten Stechlust. Das ist allgemein bekannt. Die Schuld daran trägt ohne Zweifel die Apis mellifica mellifica. Sie ist von Natur aus extrem aggressiv und heute noch in ganz Europa vorherrschend. Ausgenommen sind der Balkan und die apenninische Halbinsel. Der Vollständigkeit sei hier eingefügt, dass eine erhöhte Stechlust nur teilweise auf die Heterosis zurückzuführen ist. Die schwarze Mellifica verträgt sich mit keiner anderen Rasse. Am besten ist es noch, wenn sie gekreuzt wird mit Königinnen einer extrem sanftmütigen Abstammung. Reziproke Kreuzungen weisen nur ausnahmsweise identische Ergebnisse auf. Das ist eine Tatsache. Ich kenne nur zwei Ausnahmen, die Buckfast  – Biene und die Cecropia. Die F1 dieser beiden Rassen ist schwarmträge, sanftmütig und leistungsfähiger als die Ausgangsrassen. Andere reziproke Kreuzungen enttäuschen. Sie sind in diesem Zusammenhang nicht weiter wichtig, deshalb gehe ich nicht näher darauf ein.

Die mütterliche Dominanz ist eine weitere Besonderheit  – kein Nachteil  – in der Bienenzüchtung. Der männliche Einfluss ist weit geringer als in der allgemeinen Nutztierzüchtung. Dies muss bei Rassenkreuzungen bei der Auswahl der Elterntiere besonders berücksichtigt werden. Vorteile der Heterosis, die bei Rassenkreuzungen zur Wirkung kommen, gibt es eine große Zahl, die hier nicht alle aufgezählt werden können. Die wichtigsten wurden schon genannt. Es sind dies der günstige Einfluss auf die Lebenskraft, die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und besonders der positive Einfluss auf alle Eigenschaften, die mit der Leistung zu tun haben. Alle zusammen bewirken höhere Honigerträge.

Da die Honigbiene in vielerlei Hinsicht eine Sonderstellung in der Kreuzungszucht darstellt, können wir uns nur in beschränktem Umfang auf Vergleiche aus der übrigen Tier- und Pflanzenzucht stützen. Das gilt auch für die wirtschaftlichen Ergebnisse. Eines ist aber sicher, eine passende Rassenkreuzung kann uns zweifellos weit höhere Ergebnisse bringen als in der übrigen Tier- und Pflanzenzucht allgemein erwartet wird. Diese Tatsache wird, trotz aller Voreingenommenheit, immer mehr anerkannt. Die großen Vorteile dieser Zuchtweise sind aber nur vorübergehend, sie haben keine Beständigkeit d.h. die Kreuzungen müssen immer neu erstellt werden. Das ist aber auf anderen Zuchtgebieten genau so.

Im Bienenbetrieb von Buckfast spielen die Rassenkreuzungen eine mehrfach große und wichtige Rolle. Sie sind das Mittel, um maximale Ertragsleistungen zu erzielen und sind die Voraussetzung und das Übergangsstadium zur Kombinationszucht. Diese Kombinationszucht ist es aber, die uns Schritt um Schritt zu permanenten Eigenschaftsverbindungen führen muss, mit noch höheren Leistungspotenzen.

Aufgaben und Möglichkeiten der Kombinationszucht

Jede nennenswerte und wirtschaftliche Neuzüchtung, ob in Tier- oder Pflanzenweit, wurde stets auf dem Weg der Kombinationszucht erreicht. Die Honigbiene macht hier offensichtlich keine Ausnahme.

Es wird oft angenommen, dass die Biene sich den jeweiligen Klima- und Trachtverhältnissen angepasst hat, mehr Ertrag bringt und sich besser bewährt als eine Biene aus anderen Gegenden und Ländern. Dies ist nicht immer der Fall. Die Natur züchtet nirgends auf eine höchste Honigleistung, sondern überall, seit Anbeginn, auf die Erhaltung und Verbreitung der Art in den jeweiligen Umweltbedingungen. Individuen mit mangelnder Lebenskraft schaltet sie einfach aus. Trotz dieser recht einseitigen Auslese und dem beschränkten Zuchtziel hat die Natur es fertiggebracht, uns eine Vielfalt von Bienenrassen, Lokal- und Ökotypen mit einem unermesslichen züchterischen Wert zur Verfügung zu stellen. Treu ihrem Zuchtziel, entwickelte die Natur nirgends eine „beste“, noch viel weniger eine „ideale“ Biene.

Von unserem Gesichtspunkt aus gesehen, hat jede Rasse Vor- und Nachteile, gute und schlechte Eigenschaften. Diese allerdings stets in einer unterschiedlichen Zusammenstellung und Ausprägung, sowie es der Zufall und die jeweiligen Umwelteinflüsse willkürlich bestimmten. Jede Rasse weist gute und weniger gute Leistungsstämme auf. Die Minderwertigen befinden sich meist in der Mehrzahl.

Es ist nun Aufgabe der fortschrittlichen Bienenzüchtung, die speziellen Einzelrassen und Ökotypen zusammenzubringen, sie in neuartigen Kombinationen zu verbinden und dies in einer Form, die den Bedürfnissen eines modernen Imkerns entspricht. Dies war und ist der Natur nicht möglich. Diese allumfassende Aufgabe hat sie dem Menschen überlassen, nämlich mit gezielter selektiver Kreuzung geographischer Rassen neue Verbindungen zu bilden und diese mit Hilfe der Kombinationszucht zu leistungsfähigen Neuzüchtungen zu entwickeln. Wahrlich eine große Aufgabe für uns Imker.

Voraussetzung für eine solche Arbeit ist, dass der Kombinationszüchter das Zuchtmaterial, sowie dessen besondere Eigenschaften, Zusammenstellung, Vielfalt usw. kennt, bevor er sich ans Werk macht. Er muss eine Ahnung von den verfügbaren Möglichkeiten haben. In meinem Fall erwarb ich mir das notwendige Wissen auf den vielen Erkundigungsreisen, die ich seit 1950 durchführte. Ich wollte genau wissen, welche Varietäten der Honigbiene in den verschiedenen Gebieten Europas, dem Nahen Osten u. in Afrika beheimatet sind. Daher konnte ich gleichzeitig das nötige Zuchtmaterial auslesen und die entsprechenden Umweltbedingungen studieren, in denen sich die respektiven Eigenheiten einer jeden Rasse entwickelten und sich widerspiegelten. Fürwahr, die Kenntnisse der jeweiligen Umwelteinflüsse erteilten mir wertvolle Aufschlüsse hinsichtlich einer jeden Rasse und deren Ökotypen. Das gesammelte Zuchtmaterial wurde reingezüchtet und gekreuzt und in unzähligen Versuchen und Vergleichen unter unseren klimatischen Bedingungen erprobt. Die Ergebnisse dieser Reisen, sowie die Bewertungen der angetroffenen Rassen wurden in Beiträgen verschiedener Bienenzeitungen und in dem Buch „Auf der Suche nach den besten Bienenstämmen“ veröffentlicht und besprochen.

Artikel von Bruder Adam O. S. B.,
St. Marys Abbey, Buckfast, Devon, Großbritannien.