1989 – Hinweise über die Züchtung, Erhaltung und weitere Entwicklung der Buckfast-Biene

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Vortrag von Bruder Adam, gehalten auf der Vortragsveranstaltung der Gemeinschaft, in Bordesholm am 29.10.1989 Die Veranstaltung stand unter dem Motto: „Die Zucht der Buckfast-Biene in Dänemark, Schweden und der BRD.“

Etliche grundsätzliche Hinweise

Seit geraumer Zeit war mir die Notwendigkeit bewusst, gewisse Hinweise über die Züchtung, Erhaltung und weitere Entwicklung der Buckfast- Biene zu geben. Ebenfalls eine Stellungnahme gegenüber einer Anzahl irriger Annahmen über unser Zuchtbemühen. Ich wurde im Laufe der Jahre von vielen Seiten zu einer Erklärung dieser Art aufgefordert. Ich habe aber seit jeher – auch in England -eine solche Aufgabe, so gut wie nur möglich, vermieden.
Ich muss jedoch gestehen, im Interesse der Allgemeinheit ist heute eine Ausnahme angebracht.

Ich möchte jedoch vorausschicken, dass die züchterischen Hinweise keine neuen Erkenntnisse enthalten als diejenigen, die in meinen verschiedenen Veröffentlichungen von mir erwähnt, aber offensichtlich übersehen oder missachtet wurden. Fehlende Erfahrung, Unkenntnis unserer örtlichen Gegebenheiten sowie mangelndes Verständnis der Mendelschen Vererbungsgesetze und deren Bedeutung in der Züchtung der Honigbiene spielten ebenfalls eine Rolle. Nach meiner Überzeugung sind die beabsichtigten Hinweise unumgänglich, denn es kommen in beiderlei Hinsicht Tatsachen von grundlegender Bedeutung in Betracht.

So äußerte einst ein führender Schweizer Wissenschaftler, unser Zuchtbemühen bedinge nur ein „wildes Draufloskreuzen“, ohne jegliche Rücksicht und Zielsetzung. Er meinte zudem, dass wir die Reinzucht in Grund und Boden verdammen. Ein deutscher Wissenschaftler bezeichnete die Buckfastbiene als ein „Hydbridgemisch“. Beide Wissenschaftler hatten offensichtlich keine Ahnung von dem tatsächlichen Sachverhalt. In Wirklichkeit prüfen wir jahrelang jede einzelne Kreuzung separat und individuell. In dieser Zeit werden durch intensive Auslese die guten Eigenschaften verstärkt und die unerwünschten ausgemerzt. Erst dann kommt eine Vereinigung mit dem reinen Buckfaststamm in Frage.

Seit der Jahrhundertwende wurde von uns eine Unmenge von Rassenkreuzungen erstellt, aber ganz wenige entsprachen den jeweiligen Anforderungen. Im Fall der Carnica wurden nicht weniger als 60 verschiedenen Ökotypen sowie reziproke Paarungen und Kreuzungen erprobt, aber nur jene aus dem mazedonischen Gebiet wurden nach einer intensiven Auslese in den Buckfast-Stamm integriert. Im Falle einer finnischen Kreuzung wollten wir die extreme Winterfestigkeit dieser Rasse in unsere Biene integrieren. Wir steckten 12 Jahre intensive Anstrengungen in die Entwicklung einer geeigneten Neukombination. Leider vergebens.

Um jede mögliche weitere Illusionen hinsichtlich unserer Zuchtbemühungen zu vermeiden, werde ich den Werdegang und Entwicklung einer Neukombination aufzeigen.
Im Jahre 1930 erstellten wir eine Kreuzung zwischen einer speziellen französischen Zuchtmutter und unseren Buckfast-Drohnen. In der F2 Nachkommenschaft befand sich eine Zuchtmutter mit einer klassischen Aufspaltung ihrer Nachkommenschaft. Von dieser Zuchtmutter wurden 1.200 Königinnen nachgezogen, die alle innerhalb von 48 Stunden im Brutschrank schlüpften. Von diesen 1.200 Jungweiseln wurden lediglich 200 an Hand einer bestimmten Farbausprägung ausgelesen. Die restlichen 1.000 Jungweisel wurden abgedrückt. Die ausgewählten 200 Jungweisel kamen sofort auf die Belegstation, wo sie mit handverlesenen Drohnen derselben Kreuzung begattet wurden. Auf diesem Wege erzielten wir zwei Neukombinationen. Eine lederbraune, die nach weiterer Erprobung in den Buckfaststamm integriert wurde. Die andere Neukombination – eine Schwester der vorhergehenden – umfasst alle wirtschaftlichen wünschenswerten Eigenschaften in höchster Intensität. Zudem eine Sanftmut und Farbausprägung, die uns zuvor unbekannt war. Dies trotz der Tatsache, dass diese Kreuzung mütterlicherseits einer kohlschwarzen, extrem aggressiven Rasse angehörte.

Die tiefgoldene Farbe sowie extreme Sanftmut offenbarten Möglichkeiten, die wir nie zuvor ahnten. Leider erwies sich diese extrem sanfte, tiefgoldene Neukombination zugleich als außerordentlich milbenanfällig und war dadurch – nach weiteren Erprobungen – für uns unbrauchbar. Überraschenderweise erwies sich die lederbraune Kombination dagegen nahezu als immun gegen die Tracheenmilbe und überragend in jeder anderen Hinsicht und ist eine der Kombinationen, die einen entscheidenden Einfluss in der Entwicklung der heutigen Buckfast-Bienen ausübte. Überdies zeigte dieses Beispiel eindeutig, dass wir nur auf dem Weg der Kreuzungszucht Eigenschaftsverbindungen erstellen können, die sonst ausgeschlossen sind.

Diese Zuchtweise ist die alleinige, welche unseren neuzeitlichen Anforderungen nachkommen kann. Besonders in der Bekämpfung der Bienenkrankheiten. An dieser Stelle muss ich mich noch kurz mit der Reinzucht befassen. Diese bildet wahrhaft die eigentliche Grundlage sowie Voraussetzung einer erfolgreichen Kreuzungszucht. Ohne Reinzucht hätte eine Kreuzungszucht keinen Sinn. Sie allein ermöglicht eine erbfeste Verankerung und Erhaltung der neuen Eigenschaftskombinationen.

Wie schon erwähnt, so bezeichnete ein Bienenwissenschaftler unsere Biene als ein „Bastardgemisch“, obwohl deren Farbe sowie wirtschaftliche Eigenschaften der Urkreuzung sich seit 70 Jahren erbfest bewähren. Eine weitere Annahme in Wissenschaftlerkreisen, dass wir unseren Stamm zur Erhaltung der Farbe öfters zur Ligustica zurückkreuzten, stützt sich auf eine krasse Illusion. Wir erstellten hin und wieder Versuchskreuzungen mit der Ligustica – auch mit nordamerikanischen Herkünften – aber keine davon wurde je zum Aufbau und Erhalt der Buckfast-Biene verwendet. Wir legten überdies nie einen besonderen Wert auf Äußerlichkeiten, obwohl auch diese in Betracht gezogen werden bei der Züchtung. Jedoch nie auf Kosten der Lebenskraft und Leistung.

Abgesehen von der vormaligen altenglischen Rasse und der einstigen Ligustica befinden sich nur wenige andere Herkünfte im heutigen Buckfast- Stamm – jedoch stets in einer einwandfreien, homogenen erbfesten Verbindung.

Obwohl im Laufe der Jahre eine Unmenge Kreuzungen erstellt wurden, eigneten sich nur wenige zu einer vorteilhaften Integration in unseren Stamm. Es handelte sich auch in keinem Fall um „neue“ Eigenschaften, sondern stets um eine Intensivierung der schon vorhandenen. Jene, welche sich diesbezüglich nicht eigneten, erfüllten dennoch eine wesentliche Rolle in der progressiven Entwicklung unseres Stammes. Sie lieferten die unentbehrlichen Anhaltspunkte und Vergleiche, die uns den jeweiligen Stand des Fortschritts in der Züchtung andeuteten. Zudem warnten sie uns vor möglichen Gefahren. Fürwahr, ohne positive, einwandfreie Anhaltspunkte und echte Vergleiche – auf breitmöglichster Basis – werden die Ergebnisse unvermeidlich dem Zufall überlassen. Reelle Erprobungen sind überdies so gut wie ausgeschlossen in einem Bienenhaus, bei Block- und Reihenaufstellung sowie in einer Beute, die in irgendeiner Weise die maximale Fruchtbarkeit einer Königin vereitelt.
So können auch nur Königinnen bester Abstammung und Güte – in Verbindung der zuvor erwähnten Grundbedingungen – höchste Leistungen aufweisen. Diese Hinweise umfassen in Wirklichkeit den Schlüssel zu jedem realen Erfolg in der Züchtung sowie maximale Leistungsergebnisse.

Dass sich diese Richtlinien sowie unsere Züchtung bewährten, bestätigt die weltweite Verbreitung der Buckfast-Biene.

Diese vollzog sich in aller Stille, ohne jegliche Werbung unsererseits. Überdies durch das Ergebnis der Vergleiche, die die Universität Minnesota gegenüber der fünf verbreitetsten Zuchtstämme Nordamerikas durchführte. Dies trotz einer Gleichschaltung, welche die maximale erbbedingte Leistung der Buckfast-Biene vereitelte.

Eine erbbedingte Reinzucht formt also die unerlässliche Grundlage all unseres Zuchtbemühens, auch der Kreuzungszucht. Man darf wohl annehmen, jeder Bienenwissenschaftler kennt die Mendelschen Vererbungsgesetze. Folglich sind mir die bereits erwähnten frivolen Bezeichnungen für die Buckfast-Biene unerklärlich. Zudem erlaubt die echte Wissenschaft nicht, dass Annahmen als „Tatsachen“ hingestellt werden. Auf diese Weise wird weder der Wissenschaft noch dem wahren Interesse der Imkerschaft gedient.

Die Erhaltung der reinen Buckfast-Biene

Angesichts der Tatsache, dass sich unsere Biene einer weltweiten Verbreitung erfreut, sollte deren Erhaltung – falls je ein Zeitpunkt kommen sollte, zu dem das Kloster Buckfast den Interessen der Imkerschaft nicht weiter dienen kann, keine besonderen Schwierigkeiten verursachen. Vorausgesetzt, die Züchter halten sich an unsere Richtlinien und lassen sich von keinen dilettantischen oder pedantischen Vorschriften auf Irrwege leiten. Zudem sollte man sich auf internationaler Ebene gegenseitig helfen. Jedoch ohne jegliche eigenbrötlerische Bedenken. Die Auslese und Entwicklungsmöglichkeiten werden sich dann auf eine weltweite Basis erstrecken.

Die weitere Kombinationszucht

In dem Luxemburger Programm von 1988 wurde auch diese Möglichkeit erwogen. Wie die Erfahrung zeigt, so umfasst die derzeitige Buckfast- Biene offensichtlich eine Welt von weiteren Möglichkeiten, insbesondere auf internationaler Ebene. Die Kombinationszucht dagegen erfordert auf dem Weg der Rassenkreuzungen Vorbedingungen, die im normalen Alltag nahezu unrealisierbar sind. Das angeführte Beispiel der französischen Kreuzung umfasste nur die unumgängliche Auslese. Die finanziellen, zeitlichen und individuellen persönlichen Fähigkeiten kamen gar nicht in Erwägung. Ich muss gestehen, mir waren diese bis vor kurzem nicht voll bewusst. Anlässlich einer besonderen Veranstaltung an der Universität Exeter, hob der offizielle Redner, Professor Swanston, die Gründe hervor, die in unserem Fall den Erfolg ermöglichten. Wenn ich einige nenne, die er hervorhob, so nur zur Erläuterung der Vorbedingungen für die Kombinationszucht: „Wenige Wissenschaftler haben über so viele Jahre ein einziges, objektives Ziel verfolgt.

Die Kreuzungszucht erfordert große Zeitspannen. Es muss jedoch hervorgehoben werden, dass sich nur Wenige den Umweltbedingungen erfreuen, die ein Unternehmen dieser Art verlangt. Das Leben eines Mönches eignet sich bestens für ein solches Unternehmen. Von derselben Zelle konnte Bruder Adam über einen Zeitraum von 70 Jahren seine speziellen Aufgaben verfolgen. Mit beschränktesten Mitteln trieb er eine wissenschaftliche Forschung in einer Sphäre, in der sich kein Labor geeignet hätte, die erforderlichen praktischen Befunde unter den jeweiligen, tatsächlichen Umweltbedingungen zu gewinnen.

Die Jahre der intensiven Forschung nach geeigneten Bienenrassen und Zuchtmaterial führten zwangsläufig zu Reisen nach fast allen Teilen Europas sowie den angrenzenden Ländern des Mittelmeeres.

Es muss jedoch hier erwähnt werden, dass auch ihm, wie bei allen wissenschaftlichen Unternehmungen, keine Enttäuschungen erspart blieben, die zudem eine Unmenge Arbeit bedingten und auf die sich viele der Hoffnungen stützten. Trotzdem war es ihm möglich, eine nahezu ideale Biene zu erzeugen -selbstverständlich nicht im strengen Sinn dieses Wortes, sondern auf dem Weg der Züchtung und an Hand der Möglichkeiten, die uns zu Gebote stehen.“

Artikel von Bruder Adam O. S. B.,
St. Marys Abbey, Buckfast, Devon, Großbritannien.