1986 – Erwägungen über die Buckfast Biene

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Vortrag in Dormagen, anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Gemeinschaft der Buckfastimker 2. August 1986.

 

Die Einladung zur heutigen Veranstaltung ist für mich eine besondere Ehre. Ich nahm sie gerne an, denn so bekomme ich die Gelegenheit dazu, die Mitglieder unserer Gemeinschaft persönlich zu begrüßen. An unseren Vorstand, Herrn Ries und seine Frau möchte ich ein besonderes Wort des Dankes richten. In den vergangenen zehn Jahren bemühten sie sich beide, unter großem Zeitaufwand und mit viel persönlichem Einsatz, um dieses Unternehmen.

Ferner begrüße ich die Einladung, weil sie mir Gelegenheit dazu gibt, gewisse Aspekte der Bienenhaltung noch einmal hervorzuheben, welche man zur Erzielung maximaler Ergebnisse mit der Buckfast-Biene unbedingt beachten muss. Außerdem kann ich eine Stellungnahme zu bestimmten wissenschaftlichen Feststellungen und Annahmen abgeben. Als Züchter dieser Biene bin ich zweifellos in der Lage, zu sagen, was sie leisten und nicht leisten kann, und, wie sie sich den Eigenschaften nach von anderen Rassen unterscheidet. Im täglichen Umgang mit der Honigbiene, über nahezu 70 Jahre, zudem in einem intensiven Betrieb auf breitester Basis, gewinnt man unvermeidlich Kenntnisse und Einsichten, die der Mehrzahl der Imker und Wissenschaftler versagt bleiben.

Ich möchte mich hier weder mit den alltäglichen Problemen der Bienenhaltung befassen, noch mit speziellen Betriebsformen — angepasst an besondere Umweltbedingungen oder Trachtverhältnisse. Ich möchte mich vielmehr auf die Grundlagen beschränken, auf die es ankommt, wenn höchste Leistungsergebnisse angestrebt werden. Die Ideale in Buckfast, bezogen sich stets auf streng wirtschaftliche Ziele, verbunden mit einem minimalen Arbeits– und Zeitaufwand. Der Kostenaufwand für Beutenkonstruktion und erforderliche Geräte ist hier nicht ausgeschlossen.

In der Erzeugung höchster Leistungsergebnisse pro Volk ist die Kapazität des Brutraumes von größter Bedeutung. Es ist weder die Form oder Konstruktion einer Beute, welche die Leistung bestimmt, sondern die jeweilige Volksstärke.   Nur ein unbeschränkter Brutraum, der einer Königin die höchste Entfaltung ihrer Legetätigkeit erlaubt, kann uns in den jeweiligen Trachtverhältnissen Höchstleistungen bringen. Hinzukommen muss ein Minimum an Arbeits– und Zeitaufwand, was in einem wirtschaftlichen Betrieb so wichtig ist wie die tatsächlichen Ernteergebnisse.

Die wirtschaftliche und züchterische Bedeutung des unbeschränkten Brutraumes hob ich zum ersten Mal im Jahre 1953 in Hannover hervor. Das galt damals noch als revolutionär, da der allgemeine Trend in die entgegengesetzte Richtung ging — im Glauben — man bekäme auf diese Weise mehr Honig. Man kann selbstverständlich in jeder Beute Honig erzeugen — mit sehr unterschiedlichem Erfolg jedoch.

Die weit verbreitete Annahme, man könne mit zwei Bruträumen derselben Wabenfläche eines Dadant-Brutraumes ähnliche Leistungsergebnisse erzielen, ist falsch. Man kann offensichtlich auf diese Weise mit Erfolg imkern. Nach unseren Befunden jedoch sind echte Höchstleistungen so nicht zu erreichen. Die entsprechend erzielten Ertragsergebnisse können sehr wesentliche Unterschiede aufweisen, was in unserem Fall auf der Heide am Klarsten zum Vorschein kommt.

Als wir noch mit dem englischen Vereinsmaß , einem Maß, wie etwa das deutsch Normalmaß — imkerten, ernteten wir in identischen Trachtverhältnissen stets nur die Hälfte von dem, was Völker in Dadant-Beuten brachten.

Diese Ergebnisse wurden später über eine Periode von 15 Jahren in Vergleichen mit einem Berufsimker mit 2 000 Völkern eindeutig bestätigt, der mit unserer Biene, aber mit dem englischen Wabenmaß imkerte. Noch eine weitere wichtige Überlegung: Echte Zuchtauslese und somit ein wahrer Leistungsvergleich ist ein Ding der Unmöglichkeit, wo immer eine Beschränkung die maximale Fruchtbarkeit einer Königin vereitelt, bei Reihenaufstellung der Beuten mit einheitlicher Flugrichtung, wo Völker in Bienenhäusern untergebracht oder gestapelt aufgestellt sind. Eine fehlerfreie Zuchtauslese aber bildet die Grundlage zum Fortschritt in jeder neuzeitlichen Bienenhaltung. Wir müssen diese Gegebenheiten akzeptieren, ob sie uns passen oder nicht.

Offensichtlich wäre eine Dadant-Beute, wie die unsrige, mit der dazu gehörigen Betriebsweise ohne Königinnen bester Abstammung und höchster Lebenskraft weitgehend zwecklos. Ja, es gibt extrem fruchtbare Zuchtstämme, wie z.B. die leuchtend hellen Italiener aus Nordamerika, die wohl überstarke Völker entwickeln, wegen mangelnder Lebenskraft aber in unseren klimatischen Bedingungen versagen.

Abgesehen von einer engen Inzucht bestimmt die Aufzucht die Lebenskraft und Güte einer Königin. Nach unseren Befunden setzen günstige wie nachteilige Einflüsse auf die Entwicklung einer Königin schon beim Zustand der Zuchtmutter ein. In der allgemeinen Tierzucht würde man kaum je von einem Individuum nachzüchten, das sich offensichtlich in einem mangelhaften Zustand befindet, krank ist oder Alterserscheinungen aufweist. Unter den Imkern ist dagegen die Meinung verbreitet, auf dem Weg der stillen Umweiselung erzeugte Königinnen seien die besten. Dass es sich dabei um einen Irrtum handelt, kommt durch die Dadant-Beute klar zum Vorschein. Wir haben wirklich noch nie eine Nachzuchtkönigin dieser Art gefunden, die sich voll bewährte. Demgemäß ersetzen wir schon seit Jahren solche Königinnen bei der jährlichen Umweiselung im Frühjahr. Man erkennt sie an den ungestutzten Flügeln.  Für Erprobungszuchten verwenden wir hin und wieder Maden aus Großvölkern zum Umlarven.  Die Königinnen davon erweisen sich nie als vollwertig. Es ist gewiss einleuchtend, dass die Eier einer Zuchtmutter, die weniger als 300 pro Tag legt, kräftiger sind als jene einer Königin, die um 3.000 pro Tag legt. Unsere Vergleiche bestätigen dies auch stets eindeutig. Deshalb werden alle regulären Zuchtmütter während der Zuchtsaison stets in Ableger verbracht.

Ferner vermeiden wir in der Aufzucht jede Künstelei strengstens. Wir vermeiden ebenfalls, soweit möglich, jede längere Käfighaft einer Königin.

Ich kann hier ein weiteres Problem nicht übergehen, nämlich das empfindliche Stadium in der Entwicklung der Weisel vor deren Schlupf bis zur Erreichung ihrer Vollreife. Während dieser Zeitspanne ist jede Königin einer Serie von Gefahren ausgesetzt — speziell von Seiten des Imkers. Unseren Befunden nach müssen Königinnen zur Erreichung ihrer maximalen Entwicklung in kräftigen Ablegern mit Brut schlüpfen und dort bleiben, bis ihre ersten Nachkommen da sind.

Mit der Einführung der Einwabenkästchen wurde der Imkerschaft kein Dienst erwiesen. Die Mini-Begattungskästchen, wie heute im deutschen Sprachraum so weit verbreitet, sind zwar teilweise in einem Belegstellenbetrieb nötig, haben aber in streng wirtschaftlicher Hinsicht keine Berechtigung. Entsprechend einer Unzahl von Versuchen sind Ableger auf vier Dadant-Halbwaben, was einer Größe von drei Normalrähmchen entspricht, 50 Jahre lang allen Anforderungen nachgekommen. Das Deutsch-Normalmaß ist ideal für Begattungsableger, ebenso das Langstroth, wie es von Herrn Fehrenbach mit allerbestem Erfolg seit vielen Jahren verwendet wird.

Königinnen höchster Güte formen die Grundbedingung zu einer maximal rentablen Bienenhaltung. Wie sonst auch in allen Bereichen, so sind hoch leistungsfähige Bienenköniginnen in ihrer Entwicklungsperiode empfindlicher als Wald- und Wiesenbastarde. In unserem Betrieb kommt folglich keine Art von Künstelei oder Sparmaßnahme, welche die Erreichung unseres Zieles gefährden könnte, in Betracht.

Alle diese wichtigen Erkenntnisse verdanken wir dem Dadant-Brutraum.   In kleineren Bruträumen können sich Nachteile dieser Art nicht offenbaren.   Eine Königin zweiter oder dritter Klasse ist meistens noch fähig, einen Brutraum von bescheidenem Umfang mit Brut zu füllen. Sie kann aber nie die Leistungen aufweisen, nach denen wir trachten. Ich muss gestehen, die Umstellung auf die Dadant-Beute erfolgte auf Grund von betriebstechnischen Überlegungen.   Von den daraus folgenden züchterischen Erkenntnissen und Ergebnissen hatten wir zuvor keine Ahnung. Auch die tatsächlichen Leistungsunterschiede überraschten teilweise.

Ich kann die Frage um “die beste Biene” nicht umgehen, obwohl diese in unserer Gemeinschaft ja schon längst eindeutig beantwortet wurde. Wir müssen uns hier mit dieser Frage befassen, denn in keinem anderen mir bekannten Land wird von der Wissenschaft und offizieller Führung eine bestimmte Bienenrasse in einer so exklusiven Form gefördert wie hier. Dass sich nur die Carnica im deutschen Sprachraum bewähren kann, trifft einfach nicht zu. Sie erfreute sich einst einer großen Verbreitung und Beliebtheit in England. Auf unserem Stand in Buckfast war sie nahezu hundert Jahre lang vorzufinden.

Ich selbst erprobte nicht weniger als sechzig Stämme, die aus den verschiedensten Teilen ihres Verbreitungsgebietes bezogen wurden. Sie besitzt ohne Zweifel eine Serie von wirtschaftlich wertvollen Eigenschaften. Dennoch hat sie keine Zukunft, es sei denn, sie wird — züchterisch gesehen — für Kombinationszwecke verwendet. In Großbritannien ist sie heute nicht mehr vorzufinden. Weltweit, mit Ausnahme von Ägypten, existiert sie nur hier und dort in kleineren Einheiten.

Die moderne Bienenhaltung, besonderes wo hauptberuflich betrieben, benötigt eine schwarmträge und entsprechend fruchtbare Biene, die maximale Durchschnittserträge aufweisen kann. Sonderbar — man hört kaum je von nennenswerten hohen Leistungsergebnissen der Carnica. Ohne konkrete Anhaltspunkte haben alle wörtlichen Versicherungen keine Überzeugungskraft.   Ich bin an einwandfreien Vergleichsergebnissen zwischen der Carnica und der Buckfast interessiert, die in verschiedenen Trachtlagen und Teilen der Welt erzielt werden.

Alle unsere züchterischen und wirtschaftlichen Erfolge beruhen auf exakten Vergleichsresultaten. Wie bekannt, so umfassten diese alle Rassen der Honigbiene und ihre Kreuzungen. Man darf gewiss annehmen, dass mir die gewonnenen Erfahrungen auf diesem Gebiet eine einmalige Einsicht in die Probleme und Tücken vermittelten, die man bei absolut zuverlässigen Vergleichsversuchen überkommen muss. Nur ersichtlich einwandfreie Vergleiche wurden angewandt, denn sie allein dienten dem Ziel, das wir uns setzten.

Zugegeben, ich stand wissenschaftlichen Vergleichsversuchen stets zurückhaltend gegenüber, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass man offiziell zugeben kann, dass es eine leistungsfähigere, wirtschaftlichere Biene als die Carnica gibt. Diese Befürchtungen waren nicht unberechtigt.

Den Vergleichen in Kirchhain fehlte nach meinem Ermessen nahezu jede wesentliche Vorbedingung, die zu einem Vergleichsversuch führen könnte, nämlich zu einer Feststellung der jeweiligen erblich bedingten Leistungsfähigkeiten der Carnica und der Buckfast-Biene. Der streng praktisch orientierte Imker will wissen, welche Biene ihm mit den entsprechenden Vorbedingungen die höchsten Honigerträge erteilen wird, in Verbindung mit dem geringsten Kosten- und Zeitaufwand. Kirchhain war nicht in der Lage, diesbezüglich eine Antwort zu geben.

Es wurden dort drei verschiedene Betriebsweisen angewandt, von denen keine den Bedürfnissen der Buckfast-Biene entspricht. Es wurde ein Heer von Zahlenergebnissen erzielt. Diese stimmen in sich ganz gewiss, zeigen aber in keinem Fall, welche von den zwei Rassen tatsächlich die leistungsfähigere ist.   Es wurde behauptet, die Carnica erzielte einen Mehrertrag von 9.oo kg.   Aber nicht einmal die angegebenen Zahlenergebnisse lassen diese Rechnung zu. In Wirklichkeit kommt die dunkle, echte Buckfast — trotz allen Nachteilen — besser weg als die Carnica. Was als helle Buckfast bezeichnet wurde, war keine Buckfast, sondern eine Neuseeland-Kreuzung, die ohne unser Wissen für diese Versuche verwendet wurde.

Auf alle Fälle sind Vergleichsversuche, die über eine Periode von Jahren durchgeführt wurden, weit zuverlässiger, als die Ergebnisse einzelner Jahre, wie z.B. jene von Herrn Werner Schundau. Seine Ergebnisse, erzielt über eine Reihe von vier Jahren, zeigten wohl keine große Differenz zu Gunsten der Buckfast.   Die Verwendung des Deutsch-Normalmaßes bedingte unvermeidlich eine Gleichschaltung in der Volksstärke.  Vermute, der Mehrertrag der Buckfast beruhte auf ihrer Schwarmträgheit.

Vor etlichen Jahren wurden an der Universität von Minnesota Vergleiche zwischen sechs der in den USA verbreitesten Zuchtrichtungen durchgeführt.
Abgesehen von der Honigleistung, wurde eine Anzahl der wichtigsten wirtschaftlichen Eigenschaften bewertet.  

Darunter fiel auch die Lebensdauer der Königinnen. Die Buckfast erwies sich nicht nur in der Leistung, sondern nahezu in allen anderen Eigenschaften als überragend.

In den skandinavischen Ländern, insbesondere in Schweden, erfreut sich die Buckfast einer Verbreitung und Beliebtheit von besonderem Maße. Wie mir kürzlich versichert wurde, befindet sich heute in Schweden kaum noch eine Biene ohne einen Einschlag der Buckfast. Offensichtlich hat sie sich dort hervorragend bewährt, angeblich sogar nördlich des Polarkreises — ein klarer Beweis dafür, dass die Annahme einer Akklimatisierung auf einer Illusion beruht.

Ein Imker unweit von hier, erteilt mir alljährlich genaue Angaben von jedem seiner 30 Völker. Die Angaben umfassen die Abstammung einer jeden Königin, die tatsächlichen Schleuderergebnisse eines jeden Volkes aus der Früh-, Sommer- sowie Spättracht, zudem, wie oft sich in den einzelnen Völkern Schwarmanzeichen bemerkbar machen. Bei der Abnahme der Honigräume wird jeder mit der entsprechenden Stocknummer versehen und vor und nach dem Schleudern gewogen. Im vergangenen Jahr erzielte er im Schnitt 182,045 kg pro Volk. Von seinem Spitzenvolk schleuderte er 253,2 kg.

Das stellt wohl noch keinen Weltrekord dar, wurde aber in Europa zweifellos bisher noch nie überschritten. Wie ich selbst Mitte August feststellen konnte, hatten alle seine Völker annähernd weitere 30 kg im Dadant-Brutraum. Der betreffende Imker befindet sich offensichtlich in einer sehr guten Trachtlage, muss jedoch wandern. 1985 war soweit sein bestes Jahr. Mir ist jedoch bekannt, dass seine Erträge stets hervorragend sind.
Durchschnittserträge, die über eine Serie von Jahren gewonnen werden, bestimmen die Rentabilität einer jeden wirtschaftlichen Bienenhaltung.   Ich betrachte jedoch Spitzenerträge ständig als eine Herausforderung zu noch weiteren Möglichkeiten in züchterischer Hinsicht. Auch zugleich als ein konkreter Beweis dafür, dass wir uns in keine Sackgasse verirrten oder in Reinzuchtidealen verstrickten.

Man zitiert Rekorde nicht gern, sie stellen aber eine allgemeine Herausforderung dar und geben zugleich Hoffnung jenen, die sich viel Mühe geben, aber nicht die Ergebnisse erzielen, die sie erzielen sollten.

Ich habe vielleicht den Eindruck erweckt, als ob die Ertragsergebnisse allein die Wirtschaftlichkeit einer neuzeitlichen Bienenhaltung entscheiden. Streng sachlich gesehen, trifft das nicht zu. Wie schon erwähnt, so spielt der tatsächliche Arbeits- und Zeitaufwand je Volk eine wesentliche Rolle. Wie unsere Befunde zeigen, so gibt es Bienenstämme und Kreuzungen, die sich als sehr leistungsfähig, sich aber wegen extremer Stechlust oder infolge extremer Schwarmneigung als unrentabel erweisen. Wir benötigen nicht nur eine maximal leistungsfähige, sondern zugleich eine sehr schwarmträge, sanftmütige, ruhige und extrem vitale Biene.

Gemäß der weltweiten Verbreitung der Buckfast, zudem in aller Stille, scheint diese Biene den Anforderungen der neuzeitlichen Bienenhaltung nachzukommen. Sie duldet kein Verhätscheln, sie duldet aber auch keine Vernachlässigung der sachgemäßen Pflege, die auf ihre Eigenheiten ausgerichtet ist.

Ich nehme an, mancher Buckfast-Imker wird hin und wieder durch Veröffentlichungen gewisser wissenschaftlicher Befunde verunsichert. Sie lauten oft überzeugend, kommen aber oft der Wirklichkeit nicht nahe.  

Ich akzeptiere die jeweiligen Gegebenheiten, aber nicht immer deren offizielle Deutung. Oft werden auch nur Meinungen oder Annahmen als Tatsachen veröffentlicht, was nichts mit echter Wissenschaftlichkeit zu tun hat.

Jeder Buckfast-Imker, besonders der, welcher mit Dadant-Beuten arbeitet, weiß, dass unsere Biene eindeutig fruchtbarer ist als die beste Carnica. Trotz dieser Tatsache werden immer wieder Bemühungen gemacht, das Gegenteil zu beweisen. So wurden vor etlichen Jahren im deutschen Sprachraum an zwei Instituten gleichzeitig Versuche mit einer ähnlichen Zielsetzung unternommen. Die Brutmessungen erfolgten wöchentlich zwischen dem 8. Juli und dem 15. September anstatt in der Zeit zwischen Mitte April und Ende Juni.   Es war ein Großversuch, der insgesamt 40 Völker umfasste und ohne Zweifel gemäß allen Regeln der Wissenschaft durchgeführt wurde. Die Befunde bestätigten, ja konnten nur bestätigen, was längst bekannte Realitäten sind, nämlich die unterschiedliche Reaktion zwischen den Rassen in identischen Umweltbedingungen; ferner die weitere Gegebenheit, dass sich zu der in Frage stehenden Zeitspanne die Buckfast brutlustiger zeigt als die Carnica, was sich allgemein in einer größeren Volksstärke im Spätherbst eindeutig offenbart.  
Eine klare, einsichtige Feststellung der genetisch bedingten optimalen Fruchtbarkeit der Carnica sowie Buckfast, welche die potentielle Honigleistung bestimmt, wurde auch hier umgangen.

Es gibt zwei Formen der Kritik: eine helfende, richtungsweisende, aber auch eine zersetzende. Befunde der Wissenschaft und Praxis sollten sich gegenseitig bestätigen. Die Ergebnisse am Bienenstand stellen das eigentliche Kriterium.   Der ständige Konflikt zwischen der Wissenschaft und dem Praktiker beruht weitgehend auf falschen Deutungen und einem Mangel an unerlässlicher Erfahrung und Einsicht in die Vorgänge und Reaktionen im Bienenvolk selbst — und dies auf wissenschaftlicher Seite. Es fehlt ebenso die Kenntnis der entscheidenden Faktoren, auf der eine erfolgreiche Bienenhaltung, wirtschaftlich und realistisch gesehen, beruht. Jedenfalls sollte sich kein Buckfast-Imker von pseudowissenschaftlichen Befunden und Annahmen in die Irre führen lassen.

Unser Zuchstandard

Ich halte es an dieser Stelle für angebracht, einige Bemerkungen zu unserem Zuchtstandart zu machen. Im deutschen Sprachraum bestehen diesbezüglich anscheinend einige Unklarheiten. Die Annahme, es gehe hierbei um ein Geheimnis, muss ich eindeutig zurückweisen.

Meinem Ermessen nach sind weitere ausführliche Erläuterungen eigentlich überflüssig, da ja in meinem Buch “Züchtung der Honigbiene” alle Aspekte unseres Zuchtbemühens klar und eindeutig erörtert sind. Auf Seite 135 dieses Buches finden Sie die wesentlichen Eigenschaften unseres Standards in einer Tabelle übersichtlich zusammengestellt. Die Liste umfasst 16 Eigenschaften, von denen 11 direkt mit Leistung zu tun haben. Zudem finden Sie bei jeder Eigenschaft den betreffenden Gütegrad in Zahlen und Zeichen angedeutet, was sich auf Befunde stützt, die über eine lange Zeitspanne hindurch gewonnen wurden. Ähnliche positive Angaben sind mir bei keiner anderen Zuchtrichtung bekannt. Auch kann ich mir kaum einen zutreffenderen Standard vorstellen.   Unsere Befunde stützen sich übrigens auf konkrete Vergleiche, die auf möglichst breiter Basis durchgeführt wurden. Solche Vergleiche stellen zugleich den Standard zur Bewertung der verschiedensten Rassen und Kreuzungen der Honigbiene.

Demgegenüber beschränken sich die offiziellen Richtlinien für das Zuchtwesen des Deutschen Imkerbundes auf nur sechs Eigenschaften, von denen die Körmerkmale, Sanftmut und Wabensitz keinen Einfluss auf die Leistung ausüben. Die typische Buckfast-Biene ist lederbraun. Wir legen jedoch keinen besonderen Wert auf äußerliche Merkmale. Man kann sie mittels einer selektiven Inzucht leicht erzielen, aber nur auf Kosten der Leistung und der allgemeinen Lebenskraft. Eine zuverlässige Erbbeständigkeit der wirtschaftlichen Eigenschaften ist dagegen das wahre Merkmal und Ziel realistischer Zuchtbemühungen. Die positiven Befunde in verschiedensten Weltteilen und klimatischen Bedingungen bezeugen im Fall der Buckfast-Biene das Resultat einer konsequenten Züchtung über eine Zeit von nahezu 70 Jahren.

Ich muss annehmen, es wird mir keine weitere solche Möglichkeit vergönnt sein — so wünsche ich abschließend der Buckfast-Imkergemeinschaft eine entsprechende weitere Verbreitung und jedem Mitglied viel Freude und Erfolg in jeder Hinsicht.

Vortrag in Dormagen, 2. August 1986.

Bruder Adam Kehrle, O.S.B.,
St. Mary Abtei, Buckfast, Süden Devon, England